"I'm a bitch, I'm a lover

 I'm a child, I'm a mother

 I'm a sinner, I'm a saint

 I do not feel ashamed…"

 

 

Es ist nicht so einfach wie ich dachte, über mich zu schreiben.

Hauptsächlich liegt das daran, dass so viele unterschiedliche Menschen aus meinem Leben oder vielleicht sogar Unbekannte mitlesen.

Ich will versuchen, mich ungefiltert zu zeigen...

 

Wer ich bin, begreift man am besten an den Dingen, die ich liebe.

Diesen will ich eigene Beiträge widmen, die mit der Zeit zu einer schönen Sammlung werden.

 

Für den Anfang erzähle ich euch aber meine Kurzgeschichte:

Meinen ersten Atemzug habe ich am 19. September 1992 in der polnischen Stadt Częstochowa gemacht. Sie ist nicht schön oder aufregend sondern eher hässlich und industriell. 

Damals wusste ich, dass wir zwar bescheiden leben, war aber ein unheimlich glückliches Kind.

Meine Mutter, eine alleinerziehende Krankenpflegerin, hat mich und meine zwei Schwestern (heute 23 und 13) größtenteils allein erzogen. 

 

Bis ich meinen Liebling kennen gelernt habe, war mein Dziadek der wichtigste Mann in meinem Leben. Er hat mir immer das Fleisch von seinem Teller zugeschoben und dafür die unbeliebten Kartoffeln gegessen.

Ich war ein neugieriges Kind und will behaupten, ich bin es noch heute. Wenn ich mich ein Mal in den Grünstreifen neben einem Gehweg gehockt habe, musste Dziadek sehr geduldig sein. Er hat sich jedes Gänseblümchen und jede Schnecke ansehen müssen.

Und wehe, ich habe interessante Steine entdeckt. Bis wir zu Hause angekommen sind, hatte Dziadek eine ganze Steinsammlung in seiner Hosentasche.

Er war ein sehr geduldiger Mann und hat gern von dieser Zeit erzählt. Und jetzt erzähle ich gern all seine Geschichten. Am 12. Februar 2017 ist er gestorben. Als er schon ins Koma versetzt worden war und ich ihn im Krankenhaus besucht habe, habe ich ihm einen Stein mitgebracht. 

Ich habe jetzt einen anderen Blick auf seinen unvorhergesehenen Tod. Hätte er überlebt, wäre er im letzten Jahr nach der Krebserkrankung meiner Oma oder spätestens nach meiner Leukämiediagnose an gebrochenem Herzen gestorben. Vielleicht ist der Absatz über ihn so lang geworden, weil Dziadek ein großer Teil von diesem "Ich" ist, das ich versuche zu fassen. 

 

Im Jahr 2000 folgte der wahrscheinlich größte Lebenswandel. Kurz vor meinem 8. Geburtstag haben wir die Koffer gepackt mit dem Ziel, in Deutschland ein neues Leben aufzubauen. Damals fand ich es furchtbar so weit weg von der übrigen Familie und meinen Freunden zu sein.

Die Kinder in einer sächsischen Kleinstadt hatten anfangs - sagen wir „wenig interkulturelle Kompetenz“. Mit der Zeit haben wir Anschluss gefunden und letzten Endes kann ich mir ein Leben in Polen nicht mehr vorstellen. Heute suche ich mir das beste aus zwei Welten aus und versuche nicht, meine Nationalität zu definieren. Auf jeden Fall träume ich auf deutsch, verspäte mich auf polnisch und bin überzeugte Europäerin.

 

Am prägendsten für mein weiteres Leben war wohl, dass ich mit zarten 14 Jahren meinen Sebastian kennen gelernt habe.

Alles was folgte, waren unsere gemeinsamen Entschlüsse, das Streben nach unseren gemeinsamen Träumen, ein kleiner eigener Kosmos nur für uns Zwei. Später hat unser kleiner Yorkshire Terrier Romeo ihn noch vervollständigt.

Seit unserem 16. Lebensjahr haben wir inoffiziell zusammen gewohnt und in dieser Zeit Vieles durchgestanden, womit Teenager im Normalfall nicht konfrontiert werden. 

Wir haben gewusst: die Zukunft wird besser, wenn wir sie endlich in die eigene Hand nehmen können. Und so sind wir in die Hauptstadt aufgebrochen. Jetzt wohnen wir zwar in der idyllischen Pampa außerhalb, aber Berlin ist unsere ewige Hassliebe. 

Ich habe nach dem Studium über einen kleinen Umweg meinen Traumjob ergattert: Finanzierung von „größeren“ Immobilien für Geschäftskunden. Mein Liebling ist mit seinem chaotischen Speditionsjob auch ganz zufrieden (Nein - er fährt den LKW nicht selbst).

 

Um es perfekt zu machen kam ein schönes Auto dazu, dann ein kleiner Embryo und schließlich relativ spontan das Nest, in dem der perfekte Film in Dauerschleife laufen sollte. Und wenn Sie nicht gestorben sind…

Alles, wonach wir uns immer gesehnt haben, hat sich plötzlich gefügt. Und dann kam die böse Hexe mit ihrer Spindel und hat die Seifenblase zum platzen gebracht.

Für einen Menschen mit meinem Anspruch war es ein hartes Stück, das zu akzeptieren.

Die Krankheit ist wie eine Kerbe im Holz. Selbst wenn du sie perfekt reparierst, spürst du, dass das Holz an dieser Stelle brüchiger ist als anderswo. 

 

Ich habe in den vergangenen Monaten sehr viel über mich gelernt: Ich weiß woran ich nicht mehr glauben kann, welche Naturgewalten sich in einer Seele zusammenbrauen können, wie universell Mutterliebe ist und dass ich mir trotz meiner Krankheit kein besseres Leben wünschen kann.